Klinikum Freising nutzt Künstliche Intelligenz in der Endoskopie
Dienstag 28. 11. 28. Nov 2023
Über 60 000 Menschen in Deutschland erkranken laut Robert-Koch-Institut jährlich an Darmkrebs. Sie ist damit die zweithäufigste Krebsart bei uns und endet oft tödlich, da der Tumor zu spät entdeckt wird. Regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen kommt daher eine zentrale Bedeutung zu, um bereits Krebs-Vorstufen, die sich aus Polypen entwickeln, rechtzeitig zu entdecken und entfernen zu können.
60 Darmfotos in der Sekunde
Die richtige Interpretation und Befundung von Veränderungen der Darmschleimhaut ist daher lebenswichtig, doch kann diese in der Praxis selbst für erfahrene Medizinerinnen und Mediziner mitunter schwierig und zeitaufwändig sein. Dank der Unterstützung durch eine Anwendung der Künstlichen Intelligenz (KI), wie sie die neue Endoskopie-Ausstattung des Klinikums Freising bietet, ist hier nun eine qualitativ nochmals verbesserte Untersuchung möglich geworden: "Während der Darmspiegelung sendet das System 60 Aufnahmen pro Sekunde in hundertfacher Vergrößerung und in Echtzeit an einen Computer. Dort analysiert die KI-Software diese Videobilder und identifiziert verdächtige Stellen, die auf dem Untersuchungsmonitor angezeigt werden", erläutert Prof. Dr. Ewert Schulte-Frohlinde, Chefarzt der Gastroenterologie am Klinikum Freising.
Neuronales Netzwerk analysiert Bilder
Zunächst aber müssen KI-Systeme trainiert werden. Durch Training kann ein so genanntes neuronales Netzwerk erlernen, Formen in digital verarbeiteten Bildern Kategorien zuzuordnen. Es kann also verschiedene Veränderungen sicher unterscheiden, das heißt diagnostisch beurteilen, und so die Ärztinnen und Ärzte bei der Befundung unterstützen, und zwar in Bruchteilen von Sekunden. „So wurde der Algorithmus vom Hersteller mit einer enormen Menge an Einzelbildern aus Darmspiegelungen gefüttert, und zwar sowohl mit Aufnahmen von gesundem Darmgewebe, als auch mit Aufnahmen von Polypen. Die KI-Software berechnet dann aus dieser riesigen Bilddatenbank und den jeweils zugehörigen Diagnosen ihre Algorithmen, mit denen sie die Befunde später automatisch auswertet."
Höhere Nachweisrate bei Polypen
Laut Studien lässt sich die Nachweisrate von potentiell krebsbildenden Polypen um 25-40 Prozent steigern. Prof. Schulte-Frohlinde betont aber, dass auch künftig immer das ärztliche Personal letztlich bewertet und entscheidet, ob es sich bei dem Befund um einen Polypen handelt, der zu entfernen ist, oder ob es sich nur um eine harmlose Hautfalte handelt. „Angesichts dieser hohen Trefferquote bietet die Darmspiegelung einen sehr guten Schutz vor Darmkrebs. Menschen ab dem 50. Lebensjahr sowie solche mit familiären Vorbelastungen, mit Auffälligkeiten wie Blut im Stuhl oder dem Verdacht auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung sowie solche mit wiederholten unklaren Mittel- und Unterbauchbeschwerden sollten eine Koloskopie als vorsorgende oder diagnostische Maßnahme unbedingt nutzen!"