Häufige Fragen an den Kardiologen

Montag 17. 5. 17. Mai 2021

Woran erkennt man einen Herzinfarkt?
Brückl: Er ist oft nicht leicht zu erkennen. Beschwerden wie Angst, Engegefühl und Beklemmung im Brustbereich, die länger als zehn Minuten anhalten, sind ein Alarmsignal. Hinter diesen Symptomen können sich verschiedene, sofort behandlungsbedürftige Erkrankungen verbergen. Um solche Beschwerden schnell und gezielt zu untersuchen und zu diagnostizieren, haben wir im Klinikum mit der „Chest Pain Unit" eine eigene, spezialisierte Station für den Brustschmerz geschaffen.

Was sind typische Anzeichen für einen Herzinfarkt insbesondere bei Frauen?
Brückl: Bei einem akuten Herzinfarkt haben Frauen ähnliche Beschwerden wie Männer, bei chronischen Herzbeschwerden gibt es hingegen Unterschiede. So klagen Frauen häufiger über eine anhaltende Belastungsatemnot und sind im Vergleich zu Männern im Durchschnitt zehn Jahre älter, wenn die Herzbeschwerden einsetzen. Ursache hierfür ist ein hormoneller Schutz durch Östrogene. Andererseits haben die Frauen dann häufiger wesentliche Begleiterkrankungen wegen dem höheren Alter.

Was sind die Hauptursachen und ab welchem Alter treten in der Regel Beschwerden auf?
Brückl: Dies hängt vom persönlichen „Risikoprofil" eines Menschen ab. Hatten schon die Eltern vor dem 60ten Lebensjahr einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, so muss man von einer genetischen Vorbelastung in der Familie ausgehen. In einem solchen Fall sollte man ganz besonders sorgsam darauf achten, weitere typische Risikofaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, Fehlernährung, Rauchen oder einen erhöhten Cholesterinspiegel zu vermeiden. Man kann also eine Menge dafür tun, um nicht zu erkranken. Es gibt Schätzungen, dass Menschen mit einem ungesunden Lebenswandel bis zu 14 Jahre kürzer leben als solche Menschen, welche die genannten Risiken minimieren! Gerade Menschen mit Risikofaktoren sollten regelmäßig zur Vorsorge gehen.

Was macht ein Kardiologe im Vergleich zum normalen Hausarzt?
Brückl: Der Kardiologie ist ein erfahrener Spezialist für Herzbeschwerden und –erkrankungen. Er nimmt die notwenigen Untersuchungen vor wie ein EKG oder Herzultraschall und leitet rasch die weiterführenden diagnostischen und therapeutischen Schritte ein. Der Hausarzt ist ein sehr wichtiger Partner bei der Patientenversorgung, da er für gewöhnlich der erste Ansprechpartner ist und die Dringlichkeit der verschiedenen Beschwerden erkennen wird. Kardiologe und Hausarzt müssen also immer eng zusammenarbeiten.

Wie sieht eine Untersuchung beim Kardiologen aus?
Brückl: Das kommt auf die Situation an. Bei akuten Problemen helfen die Chest Pain Unit und ggf. der Eingriff im Herzkatheterlabor, um beispielsweise den Herzmuskel zu retten. Geht es um eine genauere Abklärung der Beschwerden, steht dem Kardiologen eine ganze Bandbreite an Untersuchungsmethoden zur Verfügung, wie etwa moderne Ultraschallverfahren mit high end Geräten wie sie das Klinikum Freising bietet. Künftig werden wir auch ein Kardio-CT anbieten, mit dem wir beispielsweise den Grad der Verkalkung der Herzgefäße nicht invasiv erkennen können.

Welche weiteren Verfahren für die Behandlung von Herzerkrankungen bietet die Kardiologische Abteilung des Klinikum Freising?
Brückl: Neben akuten Herzbeschwerden, behandeln wir Herzgefäßerkrankungen und fortschreitende Herzerkrankungen (chronisches Koronarsyndrom). Dabei spielen so genannte minimal-invasive Verfahren eine immer größere Rolle. Statt großer Operationen mit Öffnung des Brustkorbs wie in früheren Jahren erfolgt heute in vielen Fällen der schonende Eingriff über kleinere Zugänge wie zum Beispiel am Handgelenk durch Punktion der Radialarterie. Wir können zum Beispiel auch chronische Koronarverschlüsse in unserem Kathederlabor wieder öffnen, um die Gefahr eines zukünftigen Herzinfarkts zu senken.

Weiter schließen wir Löcher in der Herzscheidewand (Vorhofseptumdefekt), Öffnungen im oberen Teil der Trennwand der beiden Herzvorhofkammern (Offenes Foramen ovale) und beseitigen das Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern durch so genannte Vorhofohrverschlüsse. Bei den beiden zuletzt genannten Verfahren arbeiten wir eng mit unserem Neurologen zusammen, da solche Defekte die Ursache für Schlaganfälle sein können. In Zukunft wollen wir in der Kardiologie zudem das Behandlungsspektrum bei Herzklappenerkrankungen erweitern.
Bei all diesen Maßnahmen stehen wir in engem Austausch mit der Herzchirurgie, um für unsere Patienten die beste Behandlungsoption zu finden.

Wie irreversibel sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. wie schnell erholt man sich davon?
Brückl: Auch ein beschädigter Herzmuskel kann sich nach einem Herzinfarkt wieder erholen. Hilfe bieten „Herzsportgruppen". Die ärztlich betreuten und durch einen qualifizierten Übungsleiter geleiteten Gruppen treffen sich regelmäßig zum Bewegungstraining. Das macht Spaß, kräftigt das Herz und hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden. Auch gibt es heute Medikamente, die eine Heilung und Stärkung der Herzmuskulatur unterstützen. Ebenso hilft dieser Ansatz Menschen, die in jungen Jahren einmal eine Herzmuskelentzündung hatten.

 

Dr. Roland Brückl, Chefarzt der Kardiologie und Pneumologie, Klinikum Freising